Als wir in Paris waren, sind wir im Stadtviertel Marais spazieren gegangen.

Nirgendwo sonst in Europa leben heute so viele Juden: 400.000 Menschen gehören zur jüdischen Gemeinde in Frankreich, fast die Hälfte von ihnen lebt in Paris - und die meisten von ihnen wohnen noch immer im Marais.

Dort gibt es jüdische Läden, eine Synagoge, jüdische Kindergärten und Schulen.
Wir sind am U-Bahnhof Saint-Paul ausgestiegen, und schon vorher in der U-Bahn war uns ein Mann durch seinen schwarzen Mantel und Hut aufgefallen. Man sah auch Männer mit Kippa auf dem Kopf. Es sind kleine runden Kappen, die sehr religiöse Juden tragen.


Wir sind zur Rue des Rosiers gelaufen, dort ist das Zentrum des Viertels, auch der Pletzl genannt. Auf Jiddish, das Deutsch der Juden aus Osteuropa, bedeutet es „der kleine Platz".


Zwischen 1880 und 1940 kamen um die 110.000 jiddisch sprechende Juden nach Frankreich und die meisten blieben in Paris, vor allem im Viertel Marais.


1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die nördliche Hälfte Frankreichs. Die damalige französische Regierung unter der Führung von Marschal Pétain arbeitete eng mit den Deutschen zusammen und machte neue Gesetze, die die Rechte der Juden stark einschränkten.
Ab Sommer 1942 beteiligte sich Pétain an der von den Nazis beschlossenen Deportation der Juden aus Frankreich. Die aus Zentraleuropa geflüchteten Juden waren am härtesten betroffen.
Am 16. und 17. Juli 1942 verhafteten tausende französische Polizisten 13.152 Juden, die aus Deutschland, Russland, Österreich, Polen und der Tschechoslowakei stammten. Diese Massenverhaftung bleibt bekannt unter den Namen „rafle du Vél d'hiv". (Massenverhaftung des Vélodrome d'hiver)

 Insgesamt wurden mindestens 75.721 Juden von Frankreich aus deportiert. Weniger als 3 % haben überlebt.
Drei Viertel der französischen Juden konnten jedoch – zum Teil durch die Hilfe der Bevölkerung – überleben.


Wir sind auf Spuren der Vergangenheit gegangen und haben Gedenktafeln an Gebäuden entdeckt, wie zum Beispiel diese an der Schule in der Rue des Rosiers. 

   

Ein bisschen weiter sind wir in eine Bäckerei gegangen, in der man ganz fettige, orientalische Kuchen kaufen konnte, aber auch Mohnkuchen, die wir nur sonstvon Deutschland kennen und gar nicht von Frankreich. Es stand geschrieben, dass alle Brote und Kuchen „der Aufsicht des Großen Rabbiners Rottenberg“ unterliegen. Der Verkäufer trug eine Kippa auf demKopf. Diese Bäckerei besteht seit sehr langer Zeit. Am Haus neben der Bäckerei hängt eine

Gedenktafel in Erinnerung an eine ganze Familie, die mit ihren Kindern deportiert wurde. Das jüngste Kind war  2 Monate alt.

 

Die Bäckerei Murciano mit einem jüdischen Kerzenhalter im Schaufenster. Das zweite Bild zeigt das Einschlagpapier der Bäckerei mit dem Davidstern .

      

 

Wir haben auch eine Gedenktafel für eine junge Widerstandskämpferin gesehen. Sie wurde verhaftet und von den Nazis in Auschwitz ermordet. Sie war erst 22 Jahre alt. Viele Juden waren selber in Widerstandsgruppen engagiert.

 


Die rue des Rosiers ist sonst für seine Restaurants und Imbisse bekannt. Dort findet man Falafels, erzählt uns Charlotte, die extra hierher kommt, um diese orientalische Sandwichs mit Salat und warmen Sesambuletten darin.

Da gibt es auch Bagels, das ist das traditionelle Brot, das man in der ganze Welt findet, wo manjüdische Gemeinschaften trifft.
In dieser Straße sind auch ganz viele kleine Läden, Frisöre, Restaurants, Lebensmittelläden aber auch Schmuck- und Klamottenläden.

 

 

Im Zentrum des jüdischen Viertels stand das berühmte jüdische Restaurant Goldenberg. Seit 1948 zog es Juden und Nichtjuden aus aller Welt an.

Am 9.August 1982 wurde ein Attentat gegen das Restaurant verübt. Es hatte sehr wahrscheinlich einen antisemitischen Hintergrund. Es gab 6 Tote und 22 Verletzte. Man hat nie erfahren, wer dahinter steckte.

Leider ist seit 2010 an der Stelle des Restaurants ein Jeans-Laden. Der Name "Goldenberg Petzl" steht aber immer noch da.

 

 

Text und Photos von Alina

Zeichnung : Alina

Text und Zeichnungen © Grand méchant loup | Böser Wolf

Ein Spaziergang durch die Rue des Rosiers in Paris